Berlin, 10.09.2024:

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch, den 04.09.2024 die so genannte große Novelle des Baugesetzbuches beschlossen. Die Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landeplanung (SRL) e.V. sieht in diesem Gesetzentwurf große Schwächen und kritisiert die Intransparenz des Anhörungsverfahrens. „Mit dem offensichtlich im politischen Hauruck-Verfahren eingeführten §246e erhält das Bauen ohne Bebauungsplan befristet bis Ende 2027 Einzug in das Baugesetzbuch. Dieser eine Paragraph hebelt künftig eine ganze Reihe seiner im BauGB fest verankerten Regelungen und Grundsätze zur Bauleitplanung aus", so die Vorsitzende Susanne Jahn.

Neben dem §246e wird aus Sicht der SRL auch durch sonstige und unbefristete Regelungen zu Befreiungen und zum Bauen im unbeplanten Innenbereich ein Einfallstor für städtebauliche Fehlentwicklungen auf Grundlage von Einzelfallentscheidungen geschaffen. Die Regelungen widersprechen einer nachhaltigen, an den Anforderungen an Klimaschutz und Klimaanpassung orientierten Stadtentwicklung. Jahn kritisiert weiterhin: „Sie eröffnen die Möglichkeit, mit dem teuren und knappen Gut Boden private Gewinne zu machen, während zusätzliche Kosten auf die Kommunen zukommen (z.B. die technische und soziale Infrastruktur).“

Die SRL sieht den Gesetzentwurf auch in seiner Entstehungsphase sehr kritisch und hinterfragt das zuvor in den Sommerferien durchgeführte Verfahren zur Anhörung von Ländern und Verbänden. In einer Zeit, in der in fast allen Bundesländern Sommerferien waren, eine solch gewichtige Beteiligung durchzuführen, ist schon an sich kritisch zu sehen. Sowohl aufgrund der kurzen Frist zur Stellungnahme von gut zwei Wochen, aber auch aufgrund der Tatsache, dass bereits zwei Wochen später der Gesetzentwurf im Bundeskabinett beschlossen wurde.

Letztlich ignoriert die Bundesregierung auch einen breiten Verbändeappell aus der Bau-, Umwelt- und Sozialwirtschaft, der bereits im Januar 2024 sämtliche Schwierigkeiten des §246e eindringlich aufgezeigt hat. Der Appell findet sich unter: https://www.srl.de/dateien/dokumente/de/Verbaendeappell__246e_BauGB.pdf. Die SRL wird den nunmehr mit dem Kabinettsbeschluss vorliegenden Gesetzentwurf analysieren und das weitere Gesetzgebungsverfahren kritisch begleiten.

Hintergrund: Mit dem Referentenentwurf vom 29.07.2024 hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen die Anhörung der Länder und Verbände gestartet. Dort waren lediglich Änderungen in den §31 und §34 des Baugesetzbuches im Sinne eines „Bau-Turbos“ vorgesehen, nicht der §246e. Die Frist zur Stellungnahme wurde auf den 16.08.2024 gesetzt. Am 04.09.2024 hat die Bundesregierung die so genannte große BauGB-Novelle beschlossen und in das parlamentarische Verfahren gebracht. Dort tauchte zusätzlich dann als eine wesentliche Änderung gegenüber dem Referentenentwurf der §246 BauGB auf. Dieser war bereits im Jahr 2023 Gegenstand einer Verbändebeteiligung. Ein großes Bündnis von Verbänden aus der Bau-, Umwelt- und Sozialwirtschaft kritisierte zentrale Inhalte dieser Regelung, der nun wortgleich wieder im aktuellen Gesetzentwurf enthalten ist. Der breite Verbändeappell, den unter anderem auch der Deutsche Gewerkschaftsbund, Deutsche Mieterbund, die Sozialverbände VDK und „der Paritätische“ sowie die Bundesarchitektenkammer unterzeichneten, wurde so weder beantwortet noch berücksichtigt.

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