Susanne Jahn, SRL-Vorsitzende, für den SRL-Vorstand, 06.10.2023

Stellungnahme

 

Entwurf einer [X.] Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften – Verbändeanhörung

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Hartmann,

mit Schreiben vom 25.09.2023 hat das BMDV den Entwurf einer [X.] Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften übersandt mit der Bitte um Stellungnahme.

Gerne möchten wir als Berufsverband für die in Stadt-, Regional- und Landesplanung in Deutschland Tätigen von der Gelegenheit zur fachlichen Stellungnahme Gebrauch machen.

Der StVO-Referentenentwurf fällt leider, angesichts der geplanten Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes, hinter den erwarteten Möglichkeiten zurück. Die Erwartung war, dass das sektorale Sonderrecht für Sicherheit und Leichtigkeit des (Kfz-)Verkehrs beendet und zukünftig den Kommunen mehr Handlungsmöglichkeiten zugunsten einer Gemeinwohlorientierung gegeben würde. 

Positiv zu beurteilen ist die Möglichkeit des Tempo-30-Lückenschlusses als kleines Schrittchen vorwärts – nach den jahrelangen Verhandlungen mit dem Bundesrat („zwei Schritte vor“) und der folgenden VwV („ein Schritt zurück“). Unverständlich für uns ist, dass die von aktuell 943 Kommunen unterstützte Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beim Verordnungsgeber, gemessen am StVO-Referentenentwurf, nicht deutlicher Niederschlag gefunden hat.

Zu begrüßen ist auch der Verzicht auf „besondere Gefahrenlage“ an einigen Stellen, jedoch flankiert durch, aus unserer Sicht, meist unnötige Vorgaben wie „sofern die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigt sind“. Wir begrüßen auch die kleine Öffnung bei den Rechten der Kommunen zur Parkraumbewirtschaftung in Verbindung mit städtebaulichen Konzepten, ebenso wie bei den Ladezonen. Jedoch sind innovative Instrumente wie digitale Parkraumkontrolle oder Straßenexperimente über Verkehrsversuche hinaus weiter eingeschränkt; hier wird aus unserer Sicht eine Chance vertan, den Handlungsspielraum der Kommunen zu vergrößern.

Vom Katalog für eine fußverkehrsfreundlichere StVO, dem Verordnungsgeber im April 2021 von der VMK einstimmig empfohlen, können wir für die StVO-Weiterentwicklung bisher so gut wie keine Resonanz feststellen. Ob der „kurze Weg“ statt des „kürzesten Wegs“ beim Fahrbahnverbot für den Fußverkehr bei § 25 Abs. 3 in der Rechtsanwendung eine wesentliche Änderung bringt, bleibt abzuwarten.

Wirksame Maßnahmen des empfohlenen Katalogs der VMK, wie die Einführung der Begegnungszonen, fehlen (einstimmige Empfehlung der Bundesländer), obgleich diese die Lücke zwischen dem Verkehrsberuhigten Bereich und dem Verkehrsberuhigten Geschäftsbereich schließen könnten, und so städtebauliche Konzepte stringenter, plausibler und einfacher umzusetzen wären. 20 Jahre Praxis in der Schweiz, zehn Jahre in Österreich, dazu die Praxis in Belgien, Frankreich und Luxemburg sollten ausreichen, die Begegnungszone auch für die StVO in Deutschland bewerten zu können.

Als weitere wirksame Maßnahme zur Verkehrssicherheit des Fußverkehrs (entsprechend der VMK-Empfehlung von 2021) im Sinne von Vision Zero vermissen wir die Anpassung der Parkverbote vor Querungsstellen und Einmündungen an das nötige Längenmaß („physikalisch“ begründet je nach zulässiger Fahrgeschwindigkeit). Hierdurch könnte sofort wirksam dem, auch von der UDV-Forschung betonten, Unfallrisiko durch Straßenrandparken als Sichthindernis begegnet werden.

Als Berufsverband stehen wir ein für eine integrierte Stadt- und Verkehrsplanung, die alle Verkehrsarten gleichberechtigt zu berücksichtigen hat. Wir sind skeptisch, ob diese durch die Novelle der StVO gelingt.

Zum vorliegenden Entwurf möchten wir anregen, die Änderungen so einfach und eindeutig wie möglich zu halten, um ein breites Verständnis bei der Öffentlichkeit und damit der Regelakzeptanz zu erhalten. So sollten z.B. grundsätzlich die Verkehrsarten konkret benannt und von Kfz-Verkehr, Radverkehr usw. gesprochen werden. Schachtelsätze sollten vermieden werden.

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Jahn
SRL-Vorsitzende
für den SRL-Vorstand